Prozyklik: Warum Vermögensverwalter im Schnitt so schlecht abschneiden

Der Indexfondsanbieter Vanguard hat gemeinsam mit dem Institut für Vermögensaufbau systematisch eine Datenbank über die Ergebnisse von Vermögensverwaltungsmandaten aufgebaut und analysiert. Die Ergebnisse der Studie sind aus meiner Sicht erschreckend.

Die Kernüberlegung

Die Verfechter von passiven Anlagestrategien im Asset Management ziehen oft eine einfache, aber überzeugende Überlegung heran, die William F. Sharpe in seinem berühmten Artikel von 1991 präsentiert hat.

Die Grundidee ist, dass alle aktiv verwalteten Wertpapierportfolios letztendlich den Markt abbilden. Vor Kosten müsste ihre durchschnittliche Performance daher der eines passiven, marktabbildenden Indexportfolios entsprechen. Nach Kosten jedoch sollte die durchschnittliche Performance der aktiv verwalteten Portfolios niedriger sein als die des kostengünstigen Indexportfolios.

Zentrale Fragestellung der Studie

Die vorliegende Studie konzentriert sich auf die Frage, ob es möglich ist, durch aktives Management einen Mehrwert zu erzielen, insbesondere auf der Ebene der Steuerung verschiedener Assetklassen. Hierzu werden reale Finanzmarktdaten von professionellen Vermögensverwaltern analysiert.

Methodik der Studie

Im ersten Schritt werden die Performance von realen Multi-Asset-Fonds, die von verschiedenen Vermögensverwaltern aufgelegt wurden, in verschiedenen Risikolassen mit der Performance von einfachen, quantitativ gesteuerten Indexportfolios verglichen. Dabei werden realistische Kosten berücksichtigt. Als Repräsentanten der Performance von Multi-Asset-Fonds dienen die Mischfondsindizes von Morningstar.

Ergebnisse der Performance-Analyse von 2008 bis 2023

Die Wertentwicklungen der Multi-Asset-Fonds werden über einen Zeitraum von fast 15 Jahren untersucht. Dabei werden sie mit statischen Indexportfolios verglichen, die einmal jährlich gemäß einer festgelegten Regel quantitativ gesteuert werden. Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Underperformance der Multi-Asset-Fonds in allen drei Risikoklassen, selbst nach Berücksichtigung der Kosten.

Quelle: Vanguard Studie „Sicherheit als Risiko“

Defensive Portfolios liegen jährlich über 1%, insgesamt über 20% im Hintertreffen. Ausgewogene jährlich rund 2%, insgesamt fast 50% und aggressive (75% Aktien) über 2,2% oder rund 75% insgesamt. Dabei sind die Vermögensverwalterkosten von 1-2% schon herausgerechnet. Die Underperformance liegt also im schnitt jährlich rund doppelt so hoch.

Die Studie deutet darauf hin, dass die Underperformance der Multi-Asset-Fonds nicht allein durch Kostenunterschiede erklärt werden kann. Vielmehr scheint es tiefer liegende Ursachen im Handeln vieler aktiver Vermögensverwalter zu geben, die in der Studie analysiert wurden.

Ergebnisse

Die wesentlichen Ergebnisse der Analyse können wie folgt zusammengefasst werden:

  1. Deutlich niedrigere Renditen von aktiv gemanagten Portfolios im Vergleich zu ihren Index-Benchmark Portfolios.
  2. Zyklische Steuerung der Aktienquote als Hauptursache für die Underperformance.
  3. Performanceverluste, insbesondere in Zeiten hoher Volatilität und nach Markt-Einbrüchen.
  4. Zyklisches Verhalten innerhalb der Aktienanteile, indem auf vergangene Gewinner gesetzt wird.
  5. Aktives Management kann innerhalb der Anleiheanteile durch eine aktive Steuerung der Duration einen Mehrwert generieren.

Bedeutung der Ergebnisse

Die Bedeutung dieser Ergebnisse lässt sich am besten aus einer Vogelperspektive beurteilen. Zwar weisen zehntausende Portfolios individuelle Eigenheiten auf, aber für eine Bewertung der Erwartungswerte spielen zwei Kernfragen eine entscheidende Rolle:

  1. Breite Streuung vs. konzentrierte Auswahl
  2. Zyklisches vs. antizyklisches Verhalten nach Markt-Einbrüchen

Die Antwort auf diese Fragen bestimmt maßgeblich den Charakter eines Portfolios und beeinflusst langfristig die Ertragserwartung stärker als individuelle Unterschiede innerhalb einer Klasse.

Fazit

Die prototypischen Portfolios in der aktiven Vermögensverwaltung zeigen ein zyklisches Verhalten, während die Benchmark durch Rebalancing eine antizyklische Komponente enthält. Diese Unterschiede führen dazu, dass aktiv gemanagte Portfolios einer anderen Klasse angehören als die Benchmark-Portfolios und langfristig keine realistische Chance haben, im Performance-Vergleich zu bestehen.

Im Prinzip kann man daher den Vermögensverwaltern gar keinen Vorwurf machen. Sie handeln im Kundenauftrag und dieser geht meist mit der Erwartungshaltung einher „Bitte vermehren Sie mein Vermögen, aber verlieren Sie kein Geld!“. Etwas anders formuliert: „Ich beauftrage sie, da ich Angst vor Verlusten habe, wenn ich selbst meine Geldanlage verantworte“. So gesehen wäre es an den Kunden, ihre Angst vor Verlusten zu hinterfragen, denn langfristig haben sich Schwankungen nach unten noch immer ausgeglichen – siehe auch weiterführender Beitrag unten. Und es wäre an den Vermögensverwaltern, den Kunden glasklar zu sagen, dass die Vermeidung von Schwankungen nach unten zu Nachteilen führt, da dann im schwachen Markt Aktien verkauft werden und somit der Aufschwung mit großer Wahrscheinlichkeit verpasst wird. Die Chance nach oben gibt es eben nicht ohne das Risiko nach unten. Neudeutsch nennen das die Anlageexperten „There is no free lunch“, auf Deutsch sinngemäß: „Keine Rendite ohne Risiko“.

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