Dax bald bei 20.000 Punkten? Skeptische Euphorie am Markt

In meinem aktuellen Austausch mit Kunden zum Thema Geldanlage zeigt sich immer wieder Verwunderung und Skepsis zu den trotz aller Risiken immer weiter steigenden Aktienmärkten. In einem aktuellen Interview von Mario Lochner mit Robert Halver von der Baader Bank (bekannt aus ARD Börse) wurden interessante Aspekte zur aktuellen Lage diskutiert.

Anlegerpsychologie: Die Stimmung am Markt

  • Optimismus und Skepsis im Gleichgewicht: An den Aktienmärkten herrscht momentan eine Mischung aus verhaltenem Optimismus und einer gesunden Dosis Skepsis. Es gibt keine Euphorie, und das ist positiv. Anleger, die übervorsichtig sind, haben oft Angst vor einem plötzlichen Absturz, doch ohne einen klaren Auslöser ist eine tiefe Rezession unwahrscheinlich. Die begrenzte Euphorie zeigt, dass viele Marktteilnehmer noch nicht „all-in“ gegangen sind, was bedeutet, dass es immer noch Aufwärtspotenzial gibt.
  • Gefahr des Fatalismus: Ein häufiger psychologischer Fallstrick ist, dass Anleger sich in einem Gefühl der Machtlosigkeit verlieren („Fatalismus“), was oft zu Passivität führt. Zu viel Nachdenken und Überanalyse können das Handeln lähmen, wodurch Chancen an den Märkten verpasst werden. Ein pragmatischer Ansatz, bei dem man sich auf das fokussiert, was im persönlichen Umfeld kontrollierbar ist, und langfristige Perspektiven einnimmt, ist derzeit erfolgversprechend.
  • Volatilität und Chancen: Gerade in Phasen der Unsicherheit und Volatilität bieten sich immer wieder Chancen, insbesondere für langfristig orientierte Anleger. Auch wenn kurzfristige Rückschläge auftreten können, wird langfristiges Engagement in Sachwerte wie Aktien und Gold als stabiler betrachtet, besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten.

Aktuell sinnvolle Anlageklassen

Small Caps (Kleine Unternehmen)

Kleine und mittelständische Unternehmen („Small Caps“) bieten derzeit interessante Chancen, da sie oft übersehen werden und potenziell stärker wachsen können als etablierte Großunternehmen. In vielen Branchen haben kleinere Firmen das Potenzial, sich schneller an Veränderungen anzupassen, etwa durch Innovationen in Technologie, grüne Energie oder spezialisierte Nischenmärkte.

  • Chancen durch Innovation: Kleine Unternehmen sind oft flexibler und agiler als Großkonzerne, was ihnen einen Wettbewerbsvorteil in dynamischen Märkten verschaffen kann. Besonders in neuen Technologiebereichen wie Künstlicher Intelligenz (KI) oder erneuerbaren Energien können solche Unternehmen große Gewinner sein.
  • Bewertungen attraktiv: Viele Small Caps sind aktuell noch günstig bewertet, insbesondere in Europa und den USA, was sie zu attraktiven Investitionsmöglichkeiten macht. Die Bewertungen dieser Unternehmen bieten langfristig eine gute Chance auf Wertsteigerung, besonders wenn die allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit nachlässt.

Gold: Sicherer Hafen in unsicheren Zeiten

  • Warum Gold weiterhin attraktiv bleibt: Gold spielt eine zentrale Rolle in der aktuellen Marktlandschaft, besonders in Zeiten von Unsicherheit und Inflation. Es ist nicht beliebig vermehrbar und wird von vielen Notenbanken weltweit verstärkt gekauft, was den Preis stützt. Länder, die ihre Abhängigkeit von US-Staatsanleihen verringern wollen, setzen zunehmend auf Gold.
  • Technische Stärke des Goldmarkts: Die Marke von 2.000 USD pro Unze ist mittlerweile durchbrochen, was ein starkes technisches Signal für weiteres Aufwärtspotenzial liefert. Historisch betrachtet hat Gold in Zeiten von Krisen und hoher Inflation immer als sicherer Hafen gedient und bleibt daher auch in der aktuellen Marktphase interessant.

Aktien insgesamt: Sachwerte in inflationären Zeiten

  • Aktien bleiben eine attraktive Anlageklasse, vor allem, da viele Unternehmen gut aufgestellt sind und von den aktuellen wirtschaftlichen Trends profitieren können. Sachwerte wie Aktien bieten Inflationsschutz, weil Unternehmen in der Lage sind, Preissteigerungen an ihre Kunden weiterzugeben, was ihren Gewinn aufrechterhält oder sogar steigern kann.
  • Technologiewerte und zyklische Aktien: Während Technologieaktien langfristig immer noch große Chancen bieten, könnten auch zyklische Unternehmen aus Sektoren wie der Industrie, Energie oder Rohstoffen jetzt wieder an Bedeutung gewinnen, besonders wenn der Ölpreis und Rohstoffe wieder anziehen. In einer Phase wirtschaftlicher Erholung sind zyklische Aktien oft die ersten Gewinner.

Inflation und Zinsen: Was Anleger beachten sollten

  • Inflation als zweischneidiges Schwert: Die Inflation ist nach wie vor hoch, was viele Anleger verunsichert. Einerseits hilft Inflation, die reale Schuldenlast zu reduzieren (insbesondere auf staatlicher Ebene), andererseits treibt sie die Kosten des täglichen Lebens in die Höhe. In den USA sind die Lebenshaltungskosten spürbar gestiegen, was die offiziellen Inflationszahlen oft nicht vollständig widerspiegeln. Für Anleger bedeutet dies, dass inflationsgeschützte Sachwerte, wie Immobilien, Aktien und Gold, weiterhin attraktive Anlagemöglichkeiten darstellen.
  • Zinssenkung als möglicher Stimulus: Zentralbanken könnten in Zukunft die Zinsen wieder senken, um die Wirtschaft zu stützen, was wiederum positiv für den Aktienmarkt wäre. Besonders zinssensitive Sektoren, wie Technologie und Immobilien, könnten davon profitieren.

Rohstoffe und Ölpreise

  • Ölpreis und Rohstoffmärkte: Rohstoffe wie Öl und Kupfer haben zuletzt Schwäche gezeigt. Ein niedriger Ölpreis kann als Zeichen wirtschaftlicher Schwäche gedeutet werden, bietet aber auch Chancen für eine wirtschaftliche Erholung, da günstige Energiepreise Produktionskosten senken und Konsum ankurbeln können.
  • Kupfer als Indikator: Kupfer, oft als Indikator für die wirtschaftliche Gesundheit angesehen, zeigt derzeit eine schwache Nachfrage, was auf globale Konjunktursorgen hinweisen könnte. Doch die langfristigen Aussichten, besonders in Bereichen wie Elektromobilität und grüner Infrastruktur, sind positiv.

Geopolitische Unsicherheiten: Europa und China

  • China bleibt eine Blackbox: China hat zunehmend an Attraktivität als Investitions- und Produktionsstandort verloren, insbesondere durch politische Unsicherheiten, die staatliche Kontrolle und Bedenken im Bereich geistigen Eigentums. Auch wenn China in einigen Bereichen, wie der Automobilindustrie, Fortschritte macht, bleibt es für viele Anleger ein unsicheres Terrain.
  • Europa kämpft mit Überregulierung: Europa hat mit strukturellen Problemen zu kämpfen, darunter eine Überregulierung, die Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt. Insbesondere in Technologiebereichen wie Künstlicher Intelligenz könnten zu strenge Vorschriften dazu führen, dass europäische Unternehmen international ins Hintertreffen geraten. Allerdings bieten einige europäische Small Caps und innovative Firmen immer noch interessante Investitionsmöglichkeiten.

Landet der Dax also bald bei 20.000 Punten?

Das ist gut möglich, denn vom aktuellen Stand Ende September 2024 sind es nur noch etwas über 3% bis dahin. So symbolträchtig das dann in den Medien gefeiert werden dürfte, so unbedeutend ist es auf globaler Ebene. Deutsche Aktien machen nur 3% des MSCI World Index aus. Die 30 Titel des Dax machen davon wiederum nur einen Teilbetrag aus. Trotzdem wäre das natürlich ein optimistisches Signal für die deutsche Aktienkultur.

Fazit

Für Anleger bieten sich mehr denn je Sachwerte an, um die Inflation zu kompensieren. Am einfachsten und breit diversifiziert gelingt das mit Aktien. Wer taktische Akzente setzen will, kann im Portfolio zum Beispiel Small Caps und Gold betonen. Die Psychologie am Markt ist von Skepsis geprägt, was noch Raum für langfristige Aufwärtsbewegungen lässt. Geopolitische und makroökonomische Unsicherheiten bleiben bestehen, aber langfristige Chancen bestehen vor allem in Rohstoffen, technologiebasierten Investitionen und inflationsgeschützten Sachwerten.

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